Wenn die Wasseroberfläche endlich wieder von kräftigen Sonnenstrahlen erwärmt wird, zieht es Karpfen magisch dort hin. Energie tanken ist nun angesagt! Wer genau hinschaut, kann die Sonnenanbeter dann in fast jedem Gewässer entdecken. Meist treiben sie sich in kleinen Gruppen scheinbar regungslos in Ufernähe umher und sind an ihrer Silhouette gut zu erkennen. Tatsächlich haben Karpfen in solchen Situationen oft nur Ruhe im Sinn. Doch diese Ruhephasen, in der sie keine Nahrung aufnehmen, können abrupt enden. Die Fische werden plötzlich aktiv und beginnen zu fressen. Sind sie es gewohnt, dass ab und zu ein dickes Insekt an der Oberfläche zu finden ist, dann halten sie auch dort nach Essbarem Ausschau. Noch stärker ausgeprägt ist dieses Verhalten in kleinen Entenweihern, wo viel mit Brot gefüttert wird. Brot – unser Stichwort! Neben dem Wurm ist wohl kein Köder seit jeher so beliebt und so erfolgreich. Brot besitzt eine Reihe von Eigenschaften, die es selbst gegenüber modernen Alternativen nicht blass aussehen lässt: es ist zweifelsfrei fängig, überall zu bekommen, günstig und sehr vielseitig. Darüber hinaus eignet es sich hervorragend als Oberflächenköder! Hierzu nimmt man am besten Brotsorten mit einer zähen und glatten Kruste, in der unser Haken einen guten Halt findet. Ist die Kruste zu weich, z.B. bei Weißbrot, dann schlitzt der Haken beim Wurf zu leicht aus. Ist die Kruste zu hart, kann es sein, dass man den Haken nicht optimal hindurch bekommt.



Hat man Karpfen in Ufernähe entdeckt und seinen Brot-Favoriten in der Angeltasche, dann kann es auch schon losgehen! Eine leichte Karpfenrute um die 40 Gramm Wurfgewicht ist hier ideal. Bei der Rutenwahl ist es wichtig, dass sie das Brot weit werfen und die starken Fluchten des Karpfen auf geringer Distanz gut abfangen kann. Ich nehme für solche Fälle meine betagte Hardy „Clarissa Carp“ mit ca. 1 ¾ Pfund. Die Rolle ist wie so oft das unwichtigste. Ich fische die alten Hardys gerne mit einer 3500er Shimano Baitrunnder USA wegen der sehr guten Bremse. Soll es oldschool sein, kommt die gute alte Youngs „Ambidex Mark Six“ zum Einsatz.

Die Frage nach der geeigneten Montage ist leicht zu beantworten: Keine! Ja, ganz recht. Der Haken wird direkt an die Hauptschnur geknotet. Da sich trockenes Brot nicht sehr weit werfen lässt, behilft man sich dem uralten Trick: Das angeköderte Brot wird vor dem Wurf ins Wasser getunkt. Es nimmt sofort Wasser auf, ohne dabei viel an seiner Zähigkeit zu verlieren. Dieser nun ziemlich schwere Köder lässt sich mit der leichten Rute problemlos 20 Meter Werfen. Sollten noch weitere Würfe nötig sein, dann nimmt man die gängigen „Surface Controller“ von z.B. Drennan oder Middy. Als Haken benutze ich gerne schwarze oder matte Modelle, da diese die Sonne nicht so stark reflektieren und für den Fisch somit schlechter sichtbar sind. Ich ködere die Kruste gerne simpel an, wie auf dem Foto dargestellt. Der Haken ist zwar relativ gut zu sehen, dafür ist aber die Hakenspitze frei. Das ist wichtig, sollte ein Karpfen die Kruste unmittelbar nach dem Auftreffen auf die Wasseroberfläche nehmen. Hätte man in diesen Fällen die Hakenspitze im Köder versenkt, dann wäre ein erfolgreicher Anhieb schwierig.
Kennen die Fische Schwimmbrot von Anglern oder Entenfreunden, dann ist ein Anfüttern meist nicht nötig. Dennoch schadet es nichts, wenn man einige Stücke vorfüttert. So kann man gut die Reaktion der Karpfen testen und ggf. ihre Beißlaune etwas steigern. Auch hier gilt: vorher leicht angefeuchtete Krustenstücke lassen sich mit der Hand wesentlich weiter und zielgenauer werfen. Nehmen die Fische das gefütterte Brot auf, ist es Zeit den Köder zu platzieren. Es ist unter den meisten Bedingungen nicht ratsam einen Fisch direkt anzuwerfen, da ihn das auftreffende Brot verschrecken könnte. Besser ist es, sich einen Bereich auszusuchen, in dem die Bartelträger umherziehen und darauf zu hoffen, dass einer von ihnen den Köder findet. Auch ist es möglich einen Fisch einige Meter zu überwerfen und dann ganz langsam den Köder in seine Nähe zu ziehen. Da nach einigen Minuten das Brot anfängt sehr weich zu werden, kann es passieren, dass der Haken von selbst abfällt, ohne, dass man es merkt. Um herauszufinden ob der Haken noch im Brot sitzt, zieht man ganz vorsichtig einige Zentimeter Schnur heran und beobachtet ob sich das Brot bewegt.


Es gibt meiner Meinung nach nichts spannenderes als einen hungrigen Karpfen zu beobachten, der sich langsam aber zielstrebig der angeköderten Brotkruste nähert. Hier heißt es Nerven behalten und im richtigen Moment reagieren! Es kann passieren, dass der Karpfen beim Einsaugen die Kruste nicht gleich erwischt. Wer hier anschlägt haut ins Leere! Wartet man andererseits zu lange – 2 Sekunden können schon zu lange sein – hat der Fisch evtl. die Schnur gespürt und den Haken wieder ausgestoßen. Auch dann macht man nach dem Anhieb leider nur ein dummes Gesicht. Es ist also sehr wichtig die Brotkruste gut im Auge zu behalten und exakt im richtigen Moment anzuschlagen. Hat man jedoch im passenden Augenblick reagiert, dann wird einem dies durch einen großen Schwall und eine kreischende Bremse sofort klar! Solche brachialen Drills auf kurze Distanz zählen mit Sicherheit zum spannendsten, was man als Angler erleben kann.

Wenn also ein Gewässer in der Nähe bekannt ist, in dem sich Karpfen unter der Oberfläche tummeln, dann macht es Sinn, Boilie und Co. ruhig einmal im Angelgeschäft liegen zu lassen. Stattdessen sollte man lieber dem Bäcker einen Besuch abstatten und sich einen der erfolgreichsten Köder aller Zeiten gönnen: Brot.
Wolfgang Kalweit