CC: Jens, zunächst möchte ich dir danken, dass du an diesem Interview teilnimmst! Deutsche Angler kennen dich von einer Vielzahl hervorragender Artikel in den Angelmedien und von Bildern mit riesigen Fischen. Was ist dein Schlüssel zum Erfolg beim Angeln?
Jens: Ich denke, mein Schlüssel zum Erfolg an den unterschiedlichsten Gewässern und bei den unterschiedlichsten Fischarten ist der, dass ich die Sache sehr hingebungsvoll angehe. Ich habe keine Angst “zu bluten” und viel Energie in die Planung des allerletzten Details zu stecken. Doch der wichtigste Faktor ist der, dass ich nicht scheue, etwas komplett anderes zu tun als alle anderen. Und anders zu sein – insbesondere an stark befischten Gewässern – ist das, was meistens zum Erfolg führt.

CC: Gibt es jemanden, der starken Einfluss darauf hatte, wie du heute angelst?
Jens: Ich bin viel mit meinem alten Freund Tony Davis Patrick gereist. Er hat mich sehr inspiriert, wenn es um Abenteuer und die Suche nach exotischen Fischarten ging. In Bezug auf technische und taktische Aspekte profitiere ich deutlich von den Diskussionen mit hunderten Anglern, die ich als Redakteur des größten dänischen Angelmagazins “Fisk & Fri” führe. Die Kombination all dieser sehr unterschiedlichen Erfahrungen von den unterschiedlichsten Anglern, die auf verschiedene Fischarten angeln, gibt mir eine Menge Nahrung für neue Ideen. Die wichtigsten Impulse für neue Ideen beim Kunstköderangeln sind jedoch Ergebnis meiner eigenen Kreativität und meiner Angelerfahrungen.

CC: Du bist um die Welt gereist um die exotischsten Fischarten zu fangen, die Angler jemals versucht haben an ihre Haken zu bekommen. Wenn du auf diese Abenteuer zurückblickst: Ist es für dich überhaupt noch möglich ein Angelabenteuer in Europa zu erleben? Wenn ja, wo?
Jens: Ja, in der Tat. Da ich nun Vollzeit arbeite, zwei Kinder, Frau, Katze und Pferd habe, ist jedoch nur noch wenig Zeit für Reisen übrig. Tatsächlich verbringe ich die meiste Angelzeit in einem Umkreis von 50km um mein Zuhause. Dort, an meinen Heimatgewässern, erlebe ich ebenso große Abenteuer. Als ich einen Hecht von 10 Kilo auf die Fliege fing, war das genauso spannend, wie viele meiner Reiseabenteuer.
CC: Was war das beeindruckendste Erlebnis, das du jemals beim Angeln hattest?
Jens: Das kann ich nicht sagen - ich hatte so einige. Mein brutalstes Angelerlebnis hatte ich kürzlich, als ich einen 150 Pfund Goliath Grouper in Florida beim “hook and hold” Angeln mit nur 5 Metern Schnur zwischen mir und dem Fisch fing. Der Goliath bekam nicht einen Zentimeter Schnur. Du kannst dir den Zug vorstellen, der auf mich, den 20/0er Haken und die 1200lb geflochtene Stahlschnur einwirkte.
CC: Falls du nur noch auf eine einzige Fischart bis zum Ende deines Lebens fischen dürftest, welche würdest du wählen? Warum?
Jens: Das wäre Spinnangeln auf große Bachforellen in winzigen Flüssen. Das ist das spektakulärste Angeln, dass ich jemals ausprobiert habe. Stell dir vor, du schleichst durch einen 1 Meter breiten Bach, wirfst einen kleinen Spinner, siehst eine 3 Kilo Forelle dem Spinner nachjagen und BANG – sie hängt am Haken und an der kurzen Schnur. Das ist für mich um vieles interessanter als statisches Karpfenangeln.

CC: Du bist nun schon seit langer Zeit ein Experte der Angelszene. Was sind deiner Meinung nach aktuell die erfreulichsten Entwicklungen in der Angelwelt und welche die besorgniserregendsten?
Jens: Schwer zu sagen. Das Beste am Angeln ist das Angeln selbst, wenn du so in den Bann gezogen wirst, dass du Raum und Zeit vergisst. Doch das ist keine Entwicklung – es ist ein Abenteuer, das auf uns alle wartet, wenn wir nur danach suchen, an fernen Gewässern, ebenso wie den heimischen. Das Abenteuer liegt in unserem Herzen und unserem Kopf und ist nicht vom Gewässer und der Fischgröße abhängig.

Methoden werden immer ausgereifter, und das ist gut so. Doch was mich einst am Karpfenangeln an wilden skandinavischen Gewässern reizte, war das Gefühl von Abenteuer. Um ehrlich zu sein, kann ich dieses Gefühl nicht entdecken, wenn ich mir die europäische Karpfenszene ansehe. Die ist extrem kommerziell. Die meisten Leute verhalten sich dort wie Schafe, die alles tun, was andere auch tun. An einem bevölkerten Gewässer zu sitzen, wo alle Karpfen einen Namen tragen, interessiert mich nicht im geringsten. Ich würde eher in einem heimischen Wildsee kleinen Karpfen nachpirschen, als an eines der Top europäischen Großkarpfengewässer zu fahren, wo bereits hunderte andere Leute angelten...
CC: Du bist Chefredakteur des dänischen Angelmagazins Fisk & Fri. Glaubst du, dass die Angelmedien, speziell Magazine, eine Verantwortung und “Bildungsfunktion” übernehmen sollten, um künftige Entwicklungen in der Angelfischerei zu steuern?
Jens: Ja. Je mehr wir tun können um Leute zu informieren, umso besser. Und das meine ich nicht nur in Bezug auf das Angeln selbst, sondern auch in Bezug auf Naturschutzfragen.
CC: Um an benötigte Informationen zu gelangen nutzen Angler immer häufiger das Internet. Denkst du, dass das Printmedium eines Tages von Web-Medien abgelöst wird?
Jens: Nein, niemals. Das Internet ist perfekt für schnelle Infos über aktuelle Fänge usw., doch es wird immer ein besonderes Gefühl bleiben ein schönes Angelmagazin in den Händen zu halten, in seinem Lieblingssessel zu sitzen und die Gedanken schweifen zu lassen. Am Computer ist das nicht das Gleiche. Außerdem ist es schwieriger den Computer ans Gewässer zu bringen oder mit in Urlaub zu nehmen. Nein, die Magazine werden uns noch für lange Zeit erhalten bleiben.
CC: Du bist ein begnadeter Angelfotograf. Was macht für dich ein gutes Angelfoto aus, d.h. welche Ästhetik versuchst du einzufangen?
Jens: Das kann ich in wenigen Worten nicht beantworten. Einfache Bildkompositionen sind für mich immer die ausdrucksstärksten, da sich dort das Augenmerk automatisch auf den interessanten Teil des Bildes richtet.
CC: Jens, vielen Dank, dass du uns Zeit geopfert hast, um deine Gedanken mit uns zu teilen. Ich wünsche dir für die Zukunft alles Gute und viele weitere große Fänge!
Jens: Danke! Euch wünsche ich auch viele gute Fische! Falls sich jemand für alte Artikel von mir interessiert, dann kann er auf meiner Webseite www.bursell.dk vorbeischauen. Dort informiere ich zudem auch regelmäßig über künftige Artikel, die in unterschiedlichen Ländern erscheinen.
Das Interview wurde geführt und übersetzt von Wolfgang Kalweit