Damals war man beim Posenfischen in der Wurfweite an stehenden Gewässern stark eingeschränkt und in fliessenden Gewässern konnte aufgrund der Strömungsstärke in bestimmten Bereichen nicht effizient gefischt werden.
In solchen Situationen kam und kommt das Grundblei zum Einsatz. Zunächst diente die Rutenspitze als Bissanzeiger; bei rasanten Bissen von Barben sicherlich keine schlechte Wahl, aber bei sensiblen Bissen von Winterdöbeln äusserst unzureichend. Daher machte man sich Gedanken, die Bisserkennung zu verfeinern, um auch kurze, „spitze“ Bisse zu indizieren. Zunächst wurden die Rutenspitzen verfeinert, was mit den damaligen Materialien Glasfaser und gespliesstem Bambus nicht so einfach zu realisieren war, ohne dass die restliche Aktion der Rute darunter litt. Die wirklich revolutionäre Entwicklung war ein Spitzenring mit Gewinde, in welches sich eine wesentlich dünnere Vollglasspitze einschrauben lässt. Durch die unterschiedlichen Längen und Durchmesser dieser zusätzlichen Spitzen kann man sich den äusseren Konditionen wie Wind, Wellengang sowie auch Strömung perfekt anpassen und dennoch eine sensible Bisserkennung ermöglichen. Dadurch war man nun in der Lage, kräftige Ruten mit hohem Wurfgewicht in Kombination mit sensiblen Spitzen zu benutzen, was in den 60er zu plötzlichen Fangerfolgssteigerungen führte, wie man es heutzutage von der Entwicklung im Karpfenangeln kennt: Fische, die in großen Entfernungen zum Ufer standen, waren plötzlich fangbar geworden.

Die Art, wie sich die feinen Bisse an diesem Gerät ankündigen, gab ihm seinen Namen: Quivertip = Zitterspitze. Diese Spitzen gibt es in unterschiedlichen Stärken und Längen.
Die Stärken der Spitzen werden in englischen Unzen angegeben und basieren auf der Ermittlung der Testkurve wie bei einer Rute. Eine Quivertip mit 1 1/2 oz ist für das Befischen stehender Gewässer auf mittlere Distanz gut geeignet, während eine 3 oz.-Spitze gute Arbeit in größeren Fliessgewässern verrichtet. Man ist aber stets gut beraten, eine gewisse Auswahl an Zitterspitzen mitzunehmen, um sich den wechselnden Strömungsgeschwindigkeiten anpassen zu können. Die Rute wird nach dem Einwurf quer zur Wurfrichtung auf zwei Rutenablagen gelegt und die Schnur vorsichtig gestrafft, bis sich die Spitze leicht neigt. So ist die Bisserkennung optimal, da die Zugrichtung der Schnur quer zur Spitze verläuft und diese auch kleinste Bisse zuverlässig anzeigt. Im Fliessgewässer stellt man die Rute auf einer Rutenablage möglichst steil auf (high in the sky), um dem Strömungsdruck auf die Schnur zu entgehen.


Gleichzeitig zur Entwicklung des Quivers gab es eine weitere Entwicklung im Bereich der Bisserkennung: Die zusätzliche Spitze wurde mit einem elastischen Gummi mit dem Gewindestück des Endringes verbunden.
Dadurch hängt die sogenannte Swingtip (engl.: Schwingspitze) im 90°-Winkel vom Spitzenring herab. Strafft man die Schnur nach dem Auswurf, so sollte die Schwingspitze einen 110°-Winkel einnehmen. So kann man sowohl normale Bisse, als auch Fallbisse erkennen. Auch diese Methode arbeitet äusserst sensibel und präzise.
Die Länge der Schwingspitze richtet sich nach der Wurfweite: je weiter man fischt desto länger sollte sie sein, um so länger ist dann auch die Hebelkraft.
Schwingspitzen werden aus unterschiedlichen Materialien hergestellt: Holz, Glasfiber, Sarkanda-Rohr oder Kunststoff. Lange Holz-Swingtips in einer Länge bis zu 30 cm eignen sich hervorragend zum Distanzfischen in tiefen Gewässern. Hat man oft Wind auf dem Wasser, sollte man zu einer dünnen Glasfiberspitze greifen, sie bietet dem Wind nur wenig Angriffsfläche. Zusätzlich kann man die Schwingspitzen auch dem Wind und Wellenschlag anpassen, indem man sie mit Wickelblei beschwert, denn sonst zappelt die Spitze im Spiel von Wind und Wellen. Die beschwerte Spitze erfordert ein wenig Wurfübung, aber die Sensibilität der Swingtip wird somit optimal auf die Wetterverhältnisse eingestellt.
Von der Firma Middy gibt es sogar eine Schwingspitze mit verstellbarem Bleigewicht, um so die Bisserkennung bei Wind anzugleichen. Beim Fischen auf kurze Distanzen reicht meist eine kurze Schwingspitze aus einem leichten Material, z.B. Sarkanda-Rohr, völlig aus. Die Fa. Drennan bietet hier eine vielfältige Auswahl verschiedener Swingtips aus unterschiedlichem Material und mehreren Längen an. Sogar in leicht fliessenden Gewässern kann diese Art der Bisserkennung eingesetzt werden; dazu wird lediglich das elastische Verbindungsstück zwischen Gewinde und Schwingspitze gegen ein zähelastisches Stück ausgetauscht. Diese Verbindungen gibt es in unterschiedlichen Stärken, so dass man sich stets der vorhandenen Strömung anpassen kann. Die Sensibilität muss aber auch der befischten Spezies angepasst werden; das feine Fischen auf Rotaugen erfordert eine sensiblere Spitze als das Fischen auf Barben unterhalb eines Wehrs.

Als Ruten kommen beim Fischen mit der Schwingspitze klassischerweise 9 ft. Ruten (2,70m) zum Einsatz, auch 10ft. (3,05m) sind gebräuchlich; zu lang sollte die Rute nicht sein, denn sonst fällt die Bisserkennung schwer. Die Ruten werden mit dem Spitzenteil leicht nach unten geneigt abgelegt, die Swingtip sollte knapp über der Wasseroberfläche frei pendeln können.
Leger-Ruten haben meist einen verschiebbaren Rollenhalter, um die Rolle individuell in einem bestimmten Abstand zum Führungsring anbringen zu können. Die Ringzahl beträgt bei einem 9ft.-Modell 9+1, wobei die Zwischenringe hochstehende Spinnenbeinringe sind, damit die Schnur nicht mit dem Blank in Berührung kommen kann. Beliebte Modelle aus früheren Zeiten sind die Peter Stone Legerstrike (split-cane), Hardy Swingtip, Swimfeeder oder Avon (Glasfaser), Drennan Legermaster und die ABU Legerlite (Carbon).

Passende Rollen zum Legering sind kleine und mittlere Stationärrollen, traditionell passen hier wunderbar die alten ABU Cardinal-Modelle 33, 44 oder 54 sowie die Shakespeare Modelle Ambidex Super oder President. Auch Mitchell hat hier einige Modelle aus früherer Zeit zu bieten, z.B. die klassische 300 oder die 410 A mit High Speed-Getriebe. Wer es ganz nostalgisch mag, der sollte mit einer Hardy Altex oder Hardex vorliebnehmen.
Die Fischerei mit Quiver- oder Swingtip ist eine sehr sensible und vielfältige Methode, mit der man fast alle Friedfische gezielt befischen kann. Interessant ist natürlich auch der Einsatz von Feeder-Körbchen statt einem Blei. Das Wurfgewicht wird durch das eingefügte Futter ersetzt und man kann immer punktgenau in der Nähe des Hakenköders anfüttern. Um den Futterplatz immer genau zu treffen, empfiehlt es sich, die Schnur nach dem ersten Wurf zu straffen und vor der Rolle zu markieren. Dies erfolgt entweder durch Färben mit Tipp-Ex oder einem Stück geflochtener Schnur, die wie ein Stopperknoten auf die Hauptschnur gebunden wird.
Die Fa. Fox bietet (eigentlich fürs Karpfenangeln) ein Produkt mit Namen „Magic Marker“ an, eine dünne, geflochtene Schnur in Neon-Farben, um den markierten Bereich auch in der Dämmerung gut zu erkennen.
Sehr interessant ist auch das Fischen mit der Schwingspitze nachts; man montiert mittels einer im Handel erhältlichen Befestigung ein kleines Knicklicht an die Spitze, die Bisserkennung ist hochsensibel. Probieren Sie es einmal, aber werden sie nicht beim kleinsten Zupfer direkt nervös, dann könnte der Anschlag ins Leere gehen!
Besonders lohnenswert ist der nächtliche Ansitz auf Brassen, machen Sie sich auf Überraschungen gefasst, denn so mancher dicker Brummer ist in den nächtlichen Stunden wesentlich aktiver als tagsüber!

Sehr effizient ist das Legering auch, wenn man sich vor dem Ansitz mehrere Futterstellen anlegt und diese dann je nach Beissverhalten nacheinander befischt. Kennt man sein Gewässer sehr gut, so kann man die Futterstellen entsprechend dem Aufenthalt der Fische zu bestimmten Tageszeiten anlegen und je nach Tageszeit abfischen. Probieren Sie es einfach einmal aus, das Fischen mit Swing- oder Quivertip ist eine sehr intensive Fischerei und man kann sehr viel über das Beissverhalten der Fische lernen.
Von Michael Flosdorf